Wie wirst du vom Knippser zum Fotografen? Indem du bewusst fotografierst. Heute stelle ich dir vier Fragen vor. Diese helfen Dir, bewusster zu fotografieren.

Schluss mit dem Schnappschüssen! Schluss mir „Spray and Pray“! Reisefotos machen, die andere vom Hocker hauen; das wünschen wir uns alle. Doch was macht den Unterschied zwischen „knippsen“ und „fotografieren“?
Erste Unterschiede haben wir in den vergangenen Artikeln besprochen: Die Planung der Fotos mit einer Shotlist und die richtige Wahl der Kameraausrüstung für Reisen. Ein weiterer Unterschied ist das bewusste Fotografieren.
Ansel Adams nannte es Vorvisualisierung: Dir dein fertiges Foto vorstellen noch bevor du den Auslöser drückst. In der Praxis ist das nicht so leicht, wie es sich anhört. Vieles lenkt dich ab: Die Kameraeinstellung, die Bildkomposition, der perfekte Moment. Wenn wir uns das Foto in Ruhe zuhause ansehen können, sehen wir oft sofort unsere Fehler. Wir stellen uns dann Fragen wie
- Was zur Hölle habe ich in diesem Moment überhaupt interessant gefunden?
- Wieso habe ich nicht einen Schritt nach links gemacht haben um einen bessere Perspektive zu bekommen.
Wir sehen all die unnötigen oder schlechten Aufnahmen, die durch bewusstes fotografieren besser geworden wären. Doch wie schaffst du es bei der Aufnahme bewusster zu fotografieren?
Die Lösung ist einfach. Ich möchte dir ein paar Fragen an die Hand geben. Mach es dir zur Gewohnheit diese Fragen durchzugehen bevor du den Auslöser drückst. Stell dir dein fertiges Foto vor.
Was ist mein Motiv?
Die wichtigste Frage zuerst. Ein Foto braucht ein primäres Element; ein Motiv. Aus irgendeinem Grund hast du deine Kamera gezückt. Wenn dir die Antwort schwer fällt, finde heraus, was deine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Finde dein Motiv.

Ein primäres Element fehlt. Die Sonne zieht die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Der Betrachter schaut an der Szene vorbei.
Was möchte ich aussagen?
Jedes gute Foto hat eine Aussage. Eine Person auf einem Wanderweg im Himalaya kann „Einsamkeit auf einer langen Wanderung“ oder „die Faszination der unglaublichen Berglandschaft“ bedeuten. Zwei Aussagen mit unterschiedlichen Fotos des gleichen Motives. Habe eine Nachricht, die du vermitteln willst und nutze sie als Leitfaden für deine Bildgestaltung.

Mit welcher der beiden Aussagen oben im Hinterkopf habe ich deiner Meinung nach dieses Bild gestaltet?

'Das Ziel ist erreicht: Annapurna Base Camp, Nepal' - Dieses Foto schreit nach 'Erfolg'. Ohne die gewünsche Aussage zu wissen, hätten wir die Arme nicht so nach oben gerissen. So ist die Aussage direkt klar!
Welche Einstellungen unterstützen die Aussage?
Blende, Belichtungszeit, ISO, Brennweite… Wer sich für Fotografie interessiert sollte wissen wie sich Einstellungen auf das Foto auswirken. Sowohl optisch als auch in der Bildwirkung. Es gibt einen Haufen an Seiten im Internet, die über dieses Thema reden. Ein guter Einstieg ist die Grundlagen-Seite des Fotografie-Magazins Kwerfeldein. Auch das Handbuch deiner Kamera solltest du lesen. Kein Witz! Dir dauert das zu lange, ist zu zeitaufwendig oder keiner erklärt es so, dass du es verstehst
Dann ist mein individuelles Coaching die richtige Wahl für dich!
Überlege dir welche Kameraeinstellungen deine Bildaussage unterstreichen. Wenn du dir nicht sicher mit der Wirkung bisst freu dich, dass wir im Zeitalter der digitalen Fotografie leben. Probiere Kameraeinstellungen und Bildgestaltungen aus und schau dir das Ergebnis auf dem Display an. Sei dir bewusst, was und wieso du Einstellungen veränderst und ob die gewünschte Wirkung schau dir die Auswirkungen genau an. Kleiner Tipp: Verändere zwischen zwei Testfoto immer nur eine Einstellung.

Die Berge im Hintergrund sind noch leicht unscharf. Die Aussage 'Ausblick auf das noch weit entfernte Ziel' wird dadurch unterstützt.
Lenkt etwas von meinem Motiv ab? Wie kann ich das ändern?
Stell dir ein Foto vor auf dem Links eine Mutter mit Kind sitzen und rechts eine fette Feuershow ab geht. Wenn du diese zwei Motive nicht geschickt zu einem großen Ganzen verbinden kannst, dann konkurrieren sie um die Aufmerksamkeit des Betrachters.
Du hast dich schon für dein primäres Motiv entschieden. Nachdem du nun das erste Foto gemacht hast, schau es dir an. Finde Elemente die von deinem Motiv ablenken. Versuche diese Elemente zu reduzieren, aus dem Blickfeld zu bekommen oder dich so zu positionieren, dass sie weniger dominant sind. Ost ist die einfachste Lösung ein Standortwechsel.

Außerhalb des Bildbereiches am linken Rand befindet sich der Mond. Da ich der Milchstraße in diesem Bild ein größeres Gewicht geben wollte habe ich die Perspektive so gewählt, dass er nicht direkt im Bild sichtbar ist.
Dabei muss es nicht immer so offensichtlich sein, wie in meinem Beispiel. Ein heller Bereich im Hintergrund oder ein blühender Kirschbaum ohne Verbindung zum Motiv können schon Ablenkung genug sein. Ist meine Aussage „Frühlingsgefühle“ und ich fotografiere ein Liebespaar, dann darf der blühenden Kirschbaum unter dem sie sitzen natürlich im Bild bleiben. Der Kirschbaum unterstützt die Aussage und kann bei geeigneter Perspektive das Motiv zusätzlich einrahmen.
Knippst du noch oder fotografierst du schon?
Habe diese vier Fragen immer im Kopf wenn du fotografierst. Dadurch wirst du bewusster fotografieren. Deinen Fotos wird man das ansehen.
Du meinst du fotografierst bereits bewusst? Mach die Probe: Gehe die Fotos deiner letzten Reise durch. Stell dir meine vier Fragen. Wenn du sie alle beantworten kannst und keine störenden Elemente im Bild hast, dann bist du auf einem guten Weg für bessere Reisefotografie. Ansonsten spätestens jetzt auf dem richtigen Weg.
Nie wieder Schnappschüsse?
Was die Schnappschüsse an geht: Ich finde es wichtig auch Fotos zu machen, die als persönliche Erinnerung dienen und keine Meisterwerke sein sollen. Nicht jedes Foto muss ein spitzen Reisefoto sein. Knippsen ist für mich nichts schlechtes. Wenn du jedoch ästhetischere und bessere Reisefotos machen willst, dann fotografiere bewusster.

Es geht nicht immer um ein technisch gutes Foto. Manchmal reicht auch die Erinnerung an den Moment und Spaß bei der Arbeit. Entscheide dich bewusst, ob du ein Meisterwerk oder einen Schnappschuss schaffen willst.
- Was ist mein Motiv?
- Was möchte ich aussagen?
- Welche Einstellungen unterstützen die Aussage?
- Lenkt etwas von meinem Motiv ab? Wie kann ich das ändern?
Wenn ich die Frage nach dem Motiv und der Aussage nicht beantworten kann, dann mache ich oft gar kein Foto. Das führt auf Reisen zu erstaunten Mitreisenden, weil ich als Fotograf so wenig fotografiere. Mach es dir zur Gewohnheit dir diese vier Fragen zu stellen. Du wirst sehen, dass sich deine Ergebnisse deutlich verbessern. Überlege vor dem Drücken des Auslösers, was du willst und wie du deine Idee umsetzen kannst. Mach es wie Ansel Adams und stell dir dein fertiges Foto vor, noch bevor du den Auslöser drückst.
Du willst noch mehr Tipps zu bewussterem Fotografieren haben? In einem etwas älteren Beitrag hat Tobias Naumann in einem Gastbeitrag auf Fotografr.de noch ein paar weitere Tipps für bewusstes Fotografieren zusammengeschrieben.
Hast du noch weitere Tipps für bewussteres fotografieren? Ich würde mich freuen, wenn du sie mit uns teilst.

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