Der fotografische Blick – dieses ominöse Talent. Der Unterschied zwischen guten und sehr guten Fotografen. Wie kannst du das fotografische Sehen lernen? Vielen fällt es schwer sich täglich die Zeit zum Fotografieren zu nehmen. Hier gibt es die Lösung.
Wenn du dich schon eine Zeit lang mit der Fotografie beschäftigst, wirst du es schon gehört haben:
Du musst lernen fotografisch zu sehen. Das Licht, interessante Motive und das Foto. Noch bevor du den Auslöser drückst!
Der fotografische Blick ist kein Hexenwerk. Der Trick besteht darin ihn zu trainieren. Nach einiger Zeit fällt es dir deutlich leichter fotografisch zu sehen. Bis du irgendwann anfängst Dinge ganz selbstverständlich zu sehen. Das Training hört dann allerdings nicht auf. Du würdest auch nicht aufhören Fußball zu trainieren sobald du Weltmeister bist, oder?
Um diese Fähigkeiten zu trainieren ist es toll deine Kamera immer dabei zu haben. Du musst keine Fotos machen. Schon alleine die Kamera dabei zu haben sorgt dafür, dass du unbewusst nach interessanten Motiven Ausschau hältst. Aber mal ehrlich: Wer hat IMMER seine Kamera dabei?
Gerade wenn du noch nicht lange fotografierst bleibt die Kamera oft mal zuhause. Aber auch nach vielen Jahren bleibt die Kamera oft zuhause. Auch ich habe nicht immer eine Kamera dabei. Meinen fotografischen Blick trainiere ich trotzdem. Das klappt, weil ich Techniken nutze, die keine Kamera erfordern. Die einfachsten Techniken erkläre ich dir heute.
1. Technik: Licht-und-Schatten-Tagging
Tagging ist eine Technik, die ich in der Meditation kennengelernt habe. Ziel ist es bestimmte Dinge ganz einfach beim Namen zu nennen. Diese Technik kannst du auch nutzen um deinen fotografischen Blick zu trainieren: Indem du Licht und Schatten einer Szene benennst.
Stell dir vor du bist morgens bei Sonnenaufgang auf dem Weg zur Arbeit. Diese Pendelzeit ist eine wunderbare Gelegenheit diese Technik anzuwenden, denn sie erfordert nicht viel Aufmerksamkeit. Deine einzige Aufgabe besteht darin die Dinge in deinem Blickfeld in zwei Kategorien zu unterteilen: Dinge, die im Schatten liegen und Dinge, die im Licht liegen.

Wo siehst du Licht? Wo Schatten? Wie kannst du diese gut in Szene setzen? Im Nachhinein eine leichte Aufgabe! Beim Fotografieren vor Ort hast du oft auch viele andere Dinge im Kopf und vergisst dir erst einmal über diese Dinge Gedanken zu machen.
Was sich trivial anhört ist es auch. Zumindest dann, wenn du es bewusst machst. Beim Fotografieren hast du oft viele andere Dinge im Kopf. Du achtest nicht so bewusst auf Licht und Schatten, auch wenn es eigentlich selbstverständlich ist. Gute Fotografie ist nämlich nicht viel mehr als die Malerei mit Licht und Schatten.
2. Technik: Der Daumen-Trick
Auch die Richtung zu beurteilen aus der das Licht kommt fällt bewusst nicht schwer. In einigen Situationen ist die genaue Richtung aus der das Licht kommt allerdings schwerer zu beurteilen. Eine Technik mit der du deine Einschätzung überprüfen kannst ist der Daumen-Trick.
Halte deine offene, gestreckte Hand vor dich. Die Finger geschlossen, nur der Daumen abgespreizt. Drehe die Hand so, dass dein Daumen grob in die Richtung zeigt aus der das Licht kommt. Wenn du nun mit dem Daumen wackelst siehst du, wo der Schatten des Daumens auf deine Hand fällt. Richte den Daumen so aus, dass der Schatten auf allen Seiten deines Daumens so kurz wie möglich ist oder nicht existiert. Nun zeigt der Daumen in die Richtung aus der das Licht kommt.
Diese Technik funktioniert natürlich am besten, wenn es nur eine Lichtquelle gibt. Stellst du dich bei Nacht zwischen zwei Straßenlaternen wirst du feststellen, dass du immer einen Schatten hast. Entweder von der ersten oder der zweiten Straßenlaterne. Die Kunst ist es zu unterscheiden welche Lichtquelle welche Schatten wirft.
In der Nähe einer eindeutigen Lichtquelle kannst du diese Technik gut trainieren. Gut geeignet sind allein stehende Straßenlaternen oder die Sonne bei klarem Himmel. Führe die Technik durch und beobachte, ob dein Daumen anschließend genau auf die Lichtquelle zeigt
3. Technik: Wie Ansel Adams sehen lernen
Es gab sie auch schon vor ihm, jedoch hat sie Ansel Adams das erste Mal beschrieben: Die Vorvisualisierung. Kern dieser Technik ist es sich das Foto schon vor Augen zu halten bevor du den Auslöser drückst. Für mich schließt das auch die Entwicklung und Nachbearbeitung mit ein. Wenn ich eine Belichtungsreihe oder ein Panorama mache, dann stelle ich mir das zusammengesetzte Bild vor.
Die Vorvisualisierung ist nicht nur zum Finden von Kameraeinstellungen gut geeignet. Auch interessanter Perspektiven findest du schneller, wenn du dir einfach vorstellen kannst wie ein Foto aus der entsprechenden Perspektive ausschaut.
Wenn du dir vorstellen kannst, wie sich die Perspektive mit einer Änderung der Kameraposition verändert, sparst du dir viel Kraft für unnötiges Strecken und hinlegen. Du kannst es natürlich auch als gutes Training sehen dich immer wieder auf den Boden zu legen und in die Höhe zu strecken. Spätestens wenn du dir erst einen Hubschrauber mieten musst um zu sehen, ob sich ein Blick auf den Himalaya aus der Luft lohnt wirst du verstehen, dass es praktisch ist sich schon vorher vorstellen zu können, wie das Foto aussehen könnte.

Bei einem Schwarzweiß-Foto kann man die unterschiedlichen Helligkeitsbereiche leicht identifizieren. Wenn du lernst eine Szene in Helligkeitszonen zu unterteilen wirst du lernen deine Fotos dynamischer zu gestalten.
Wir stellen uns jeden Tag Dinge bildlich vor. Denk nur einmal an einen Menschen, der dir wichtig ist und stell dir dessen Gesicht vor. Das wird dir nicht schwer fallen. Du besitzt also die Fähigkeit dir Dinge bildlich vorzustellen. Die Kunst besteht darin sich auch Dinge vorstellen zu können, die uns nicht so vertraut sind. Das erfordert Übung und ein wenig Erfahrung. Beispielsweise auch zu wissen, wie sich eine Perspektive ändert, wenn du dich mit einem Weitwinkel ganz nah hinter ein interessantes Vordergrundelement begibst.
Fazit
Wenn du dir jeden Tag ein paar Minuten Zeit nimmst um das Sehen lernen zu trainieren, stellst du fest, dass sich auch beim Fotografieren dein Blick für das Bild deutlich verbessert.
Ob auf dem Weg zur Arbeit, in der Mittagspause oder beim Hund ausführen. Irgendwo ist immer Zeit sich nebenbei ein wenig umzugucken und die oben genannten Techniken zu trainieren.
Nach einer Weile fängst du an deine Freunde auf das schöne Licht, die Schattenspiele oder den interessanten Gegensatz zwischen zwei Dingen hinzuweisen. Dennoch solltest du nicht mit dem Training aufhören. Denn besser werden kannst du immer und nur mit regelmäßigem Training.
