Im ersten Artikel der Serie „Bessere Fotos auf Reisen“ ging es darum, wie du bessere Fotos in den ersten Tagen deiner Reise machst. Bessere Fotos auf Reisen haben ihren Anfang allerdings vor der Reise und dem ersten Foto. Ein Teil davon ist die Shotlist, eine Liste mit Fotoideen für deine Reise. Doch wie kommst du am besten zu dieser Shotlist?

Ich habe mir für Indien und Nepal eine Shotlist erstellt nachdem ich den Artikel über die ersten Tage veröffentlicht habe. Mit verschiedenen Methoden habe ich versucht eine Möglichst vollständige Vorstellung meiner Wünsche zu bekommen.

Wie dir eine Shotlist für bessere Fotos auf Reisen hilft

Gegenüber dem spontanen Fotografieren hat eine Shotlist den Vorteil, dass du vorbereitet bist. Du weißt welches Equipment du brauchst und wann du wo die besten Chancen hast. Wenn du nicht weißt wonach du suchst, kannst du die schönsten Motive verpassen.

Die Shotlist als Leitfaden ist das perfekte Hilfsmittel. Du kannst Ideen für Fotos festhalten, wenn sie dir einfallen. Beim Fotografieren hast du die Liste zur Hand und vergisst deine Ideen nicht.

Welche Fragen du zuerst beantworten musst

Bevor du dich an die Ideensammlung begibst, musst du dir ein paar Fragen stellen. Diese bilden den Grundstein und helfen dir besser auf das Fotografieren vorbereitet zu sein.

Einzelfotos oder Photo-Essay

Ob deine Fotos für sich stehen oder gemeinsam eine Geschichte erzählen sollen ist der erste Grundstein. Ist ein perfektes Foto der weißen Bergspitzen dein Ziel oder willst du in einem Photo-Essay die Geschichte der Wanderung erzählen? In einem Photo-Essay ist das einzelne Bild zweitrangig. Du musst deine Leser in die Geschichte hinein ziehst und fesselst. Das muss man lernen. Ich absolviere zurzeit den Advanced Photography Course der MatadorU. Ein Teil dieses Kurses behandelt das Storytelling.

Willst du durch einzelne Fotos unabhängige Geschichte erzählen, ist die Herangehensweise bei der Motivwahl und Fotografie eine andere.

Sei dir von Anfang an klar darüber, was du erreichen willst: Unabhängige Fotos oder eine zusammenhängende Geschichte.

Festes Genre oder bunter Misch

Landschaft, Portrait, Architektur… was auch immer dein Genre sind: Entscheide dich, ob du dich auf eines konzentrieren willst. Wenn du Genres ausschließt oder du eine Geschichte erzählst, schließt du Motive aus. Du wirst Motive sehen, die einfach nicht in den Rahmen passen. Versuch dich auf dein Genre oder deine Geschichte zu konzentrieren.

Zu wissen in welchem Genre du dich bewegen wirst, macht die Auswahl deiner Kameraausrüstung leichter. Diese wird stark von der Art der geplanten Fotos bestimmt.

Du musst dich nicht festlegen. Wenn du dich in deiner Fotografie auf dein Genre oder deine Geschichte beschränkst wird es dir allerdings leichter fallen Motive zu entdecken, da du nicht passende Motive gar nicht erst suchst. Da wir die Frage der Geschichte oben schon geklärt haben ist die zweite Frage: Willst du nur ein Genre abdecken oder mehrere?

Wenn du dir diese Fragen beantwortet hast, kann die Arbeit an der Shotlist losgehen.

1. Schritt: Brainstorming

Vor allem anderen kommt das Brainstorming. Überlege dir, was für Fotoideen dir unbeeinflusst von anderen Fotografen oder tieferen Hintergrundrecherchen in den Sinn kommen. Halte die Gedanken fest, wie es für dich am besten ist: Eine Liste, eine MindMap, ein Moodboard… Hauptsache du beschäftigst dich gedanklich mit den Fotoideen. Sobald du anfängst dich mit Fotoideen zu beschäftigen werden dir Ideen kommen, wenn du nicht über sie nachdenkst. Jeder kennt das: Die besten Ideen kommen, wenn du ganz andere Dinge machst. Kochen, Frühstücken, Lesen, Wandern… allerdings erst, wenn du deinem Kopf vorher etwas Starthilfe gegeben hast.

Indien

Arbeitende Menschen in Reisfeldern war eines der ersten Motive, das mir bei meinem Brainstorming in den Sinn kam.

2. Schritt: Recherche

Der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado sagt:

Study so that you’re actually able to understand what you’re photographing. What you can photograph and what you should photograph.

Du musst jetzt nicht alles stehen und liegen lassen und Anthropologie studieren. Verstehe was du fotografierst, was du fotografieren kannst und was du fotografieren solltest. Das wird deine Fotos deutlich verbessern. Du kannst klein anfangen, indem du dich über dein Reiseziel, die Kultur und interessante Besonderheiten informierst. Verstehe was dein Ziel ausmacht; was es besonders macht. Sammle interessante Informationen in einem Dokument, druck es aus und packe es in deine Reisetasche. Ein Reiseführer mit Hintergrundinformationen ist empfehlenswert. Ich nutze die kostenlose Android-App Triposo. Dank dieser App kann ich jederzeit Hintergrundinformationen über Orte nachschlagen. Ich verstehe besser, was ich sehe und kann dadurch bessere Fotos machen.

Natürlich kannst du auch ein Studium über dein Reiseziel absolvieren. Dies wird deine Reise jedoch deutlich verzögern, wenn du es erst abschließen willst.

Nimm dir nach deiner Recherche die Ergebnisse deines Brainstormings erneut vor und ergänze es, sofern dir neue Ideen gekommen sind.

3. Schritt: Locationsuche

Mit dem neuen Hintergrundwissen kannst du dich auf die Suche nach interessanten Fotolocations machen. Nicht jede Sehenswürdigkeit ist fotografisch interessant. Im Gegenzug gibt es einige für Touristen uninteressante Orte, die für Fotografen besonders attraktiv sind.

Neben dem Location-Guide von 22places verwende ich hauptsächlich die Google Bildersuche. Die Festlegung auf ein Genre hilft dir nun weiter. Zusammen mit deinem Reiseziel kannst du dich von Bildern überströmen lassen. Eine einfache Bildersuche nach „Landscape India“ bringt die sagenhaftesten Landschaftsaufnahmen zum Vorschein. Durch eine Recherche auf der Quellseite des Fotos findest du heraus, wo das Foto entstanden ist.

Alle Orte, die dich interessieren, schreibst du dir in eine Liste. Alternativ kannst du sie dir auf einer Karte markieren.

Indien

Isa Khan's Grabstätte in Delhi liegt in direkter Nähe zu der beliebten Humayun's Grabstätte. Durch eine Locationsuche findet man schnell letztere, sollte jedoch die kleine Grabstätte nicht außer Acht lassen.

4. Schritt: Inspiration

Auf die gleiche Art wie bei der Locationsuche kannst du zur Inspiration eine Bildersuche nach deinem Reiseziel machen. Ergänze dein Brainstorming, wenn dir neue Ideen kommen.

Achte darauf Ideen nicht zu kopieren. Sich von anderen Fotografen inspirieren zu lassen ist wichtig und durch deren Techniken die eigene Fotografie weiterzuentwickeln ebenfalls. Allerdings solltest du nie ein Foto exakt nachstellen und veröffentlichen. Mach es besser, mach es zur Übung oder lass es sein. Entwickle deinen eigenen Stil, denn der ist es, der deinen Fotos die persönliche Note gibt, die sie einmalig machen.

Indien

Fotos von Taj Mahal aus einer ähnlichen Perspektive sind sehr beliebt. Ich habe diese auch vorher bei Google gesehen allerdings versucht durch die besonders niedrige Perspektive und die Stimmung dem Foto etwas Besonderes zu geben.

5. Schritt: Shotlist zusammenstellen

Die laufend ergänzten Ergebnisse deines Brainstormings sind die Basis für die Shotlist. Wenn dir zu einem Punkt konkretere Ideen kommen, füge diese hinzu. Ein Stichpunkt „Farben“ kann ausreichend sein. Die Unterpunkte „Pudertürme“, „Saris“ und „Basare“ geben eine genauere Vorstellung dessen, was du an „Farben“ suchst und wonach du Ausschau halten musst.

Bei bestimmten Motiven solltest du dir über die beste Zeit und den Ort Gedanken machen. Landschaftsfotografien sind oft bei Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang sagenhaft. Volle Straßen sind bei Sonnenaufgang jedoch problematisch. Teeplantage und weiße Berge wirst du nicht überall finden. Sei dir bewusst, wenn Motive an Orte oder Zeiten gebunden sind um die Fotos zu diesen Zeiten zu machen und die Orte in deiner Reiseplanung zu berücksichtigen.

Wie du deine Shotlist strukturierst ist dir überlassen. Meine Shotlist für Indien ist nach Genres sortiert: Landschaft, Kultur und Architektur.

Ausschnitt meiner Shotlist für Indien

Meine Shotlist für Indien und Nepal - Nicht gerade umfangreich und vollständig.

Wie du mit der Shotlist arbeitest

Das erste bei dem dir deine Shotlist hilft ist die Auswahl des Equipments. Bestimmte Motive benötigen bestimmte Ausrüstung, während du bei anderen flexibel bist. Versuche dein Equipment so gering wie möglich zu halten. Auf der Reise wirst du merken, dass du lieber einen Schritt mehr machst, als zwei Objektive mit dir herum zu schleppen oder diese ständig zu tauschen.

Willst du Fotos in bestimmten Regionen machen brauchst du unter Umständen einheimische Kontakte oder Genehmigungen. Diese Informationen solltest du einholen bevor deine Reise beginnt. Kümmere dich so früh wie möglich darum. Ich weiß wovon ich spreche, denn in diesem Punkt bin ich äußerst schlampig und komme immer wieder unter Druck.

Wenn du die Shotlist fertig hast und deine Reise beginnt, geht der Spaß los. Jeden Morgen ein kurzer Blick auf die Liste hilft die Motive im Hinterkopf zu behalten. Überlegen dir, mit welchem Punkt du dich beschäftigen möchtest. Wenn du ein Motiv abgeschlossen hast oder streichen willst, mach einen Haken hinter den Stichpunkt oder streiche ihn durch. Den Fortschritt in deiner Liste zu sehen ist motivierend.

Ich finde es besser ohne Druck zu arbeiten. Du musst nicht jeden Tag deine Fotos planen. Du kannst auch einfach losziehen oder mal ne Pause machen. Solange du die Pause nicht bereust, ist es keine verschwendete Zeit.

Wieviel Zeit du für die Shotlist brauchst

Wenn du die Shotlist so ausführlich gemacht hast wie beschrieben, ist sie umfangreiche und detaillierte. Du musst nicht jeden Schritt machen und nur so umfangreich, wie du magst. Hier gibt es keine Richtwerte. Die Shotlist erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sollte laufend mit Ideen ergänzt werden. Viele Ideen kommen während du dich mit vollkommen anderen Dingen beschäftigst. Beim Frühstück, auf dem Klo, beim Lesen meines Blogs. Hab die Liste immer zur Hand um neue Ideen sofort zu ergänzen. Ich habe meine Liste daher in Evernote gespeichert und sie immer auf meinem Smartphone dabei.

Meine Shotlist für Indien ist mit einem Bruchteil der Mittel entstanden. Hauptsächlich durch Brainstorming. Dennoch hat sie geholfen den Überblick zu behalten. Ich habe auch nicht jeden Morgen auf die Liste gesehen. Besser wäre es jedoch gewesen.

Geht es auch ohne Shotlist?

Es geh auch immer ohne Shotlist. Wenn du keine hast, brauchst du deine Reise also nicht abzubrechen. Bei meinen bisherigen Reisen habe ich mir nie eine umfangreiche Shotlist angefertigt. Ich habe dennoch schöne Fotos mit nach Hause gebracht. Bei späteren Recherchen für Blogartikel sind mir jedoch oft Ideen gekommen, die mir bei der Erstellung einer Shotlist gekommen wären. Ich werde es bei meiner nächsten Reise mit einer detaillierten Liste versuchen. Ob das für dich der richtige Weg ist, solltest du am besten ausprobieren. Es sollte dir nur nicht den Spaß an der Reisevorbereitung verderben, sondern viel mehr Vorfreude auf die Reise machen.

Ich habe die Hoffnung durch eine gute Shotlist auf meinen Reisen mehr Zeit für das was zu haben, was mir wichtig ist: Reisen, Erleben, Fotografieren.

Arbeitest du bereits mit Shotlisten? Verwendest du andere Methoden um deine Liste zu erstellen. Ich würde mich freuen, von deinen Methoden in den Kommentaren zu lesen. Wenn du diese Technik ausprobierst, lass mich wissen, wie es dir damit auf deiner Reise gegangen ist.

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Abschließend noch ein paar Links zu weiterführenden Themen oder Seiten, die ich angesprochen habe.

Bessere Fotos auf Reisen - Alle Artikel der Serie

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